Hafer (Avena sativa L.)
Synonyme:
Biwen, Flöder, Haber, Hattel, Howern, SaathaferWissenschaftlicher Name:
Avena sativa L.Familie:
Poaceae (Süßgräsergewächse)Heimat:
KleinasienInhaltsstoffe:
Kieselsäure, Saponine, Zink, Avenin, Phytosterole.
Beschreibung
Bei einem Spaziergang an Kornfeldern entlang ist es eine beliebte Frage: Welches Getreide wächst da gerade? Am eindeutigsten zu erkennen ist der bis zu einen Meter hoch wachsende Hafer, dessen Fruchtstände sehr verschieden von denen des Weizens, des Roggens oder der Gerste sind. Die Kulturpflanze Hafer gehört zu den Rispengräsern. Das heißt, dass die Körner des Hafers nicht in kompakten Ähren wie denen des Weizens gesammelt sind, sondern sich sehr locker, im Wind wehend an der Stängelspitze anordnen. Kleine Ährchen aus zwei bis vier Blüten sind über kurze Ästchen zu locker stehenden Rispen verbunden. Die Haferkörner, die sich aus den zwischen Juni und August blühenden, selbstbestäubenden Blüten entwickeln, sind locker von jeweils zwei so genannten Spelzen umgeben: festen, spitz zulaufenden Hochblättern in der Ähre. Ein weit verzweigtes Wurzelwerk ermöglicht dem genügsamen Hafer, auch auf schlechten Böden zu wachsen.
Verwendung
Der eiweißreiche Hafer ist altbewährt als stärkendes Nahrungsmittel bei Schwächezuständen sowie Schonkost bei Ernährungsstörungen. Ein Tee aus Haferstroh hilft bei nervöser Erschöpfung, Schlaflosigkeit und Nervenschwäche. In der Homöopathie finden Haferzubereitungen Einsatz bei nervöser Erschöpfung mit Appetitlosigkeit, Schlaflosigkeit, mangelnder Konzentration infolge von Sorgen und Herzklopfen.
Tee aus grünem Haferkraut, das kurz vor der Vollblüte geerntet wird, findet Verwendung bei nervöser Erschöpfung, Schlaflosigkeit und Nervenschwäche. Er soll den Harnsäurespiegel im Blut senken und deshalb unterstützend bei Gicht und Rheuma helfen. Zudem wird er zur Durchspülungstherapie eingesetzt.
Wissenswertes
Der wissenschaftliche Name Avena leitet sich vermutlich von dem Sanskritwort „avasa“ = Nahrung ab. Der Namenszusatz sativa ist lateinisch und bedeutet „angebaut“ - ein Hinweis darauf, dass der Hafer eine reine Kulturform ist. Sie wurde aus den Wildarten Flughafer (Avena fatua), Tauber Hafer (Avena sterilis) und Barthafer (Avena barbata) gekreuzt.
Haferfunde aus bronzezeitlichen Pfahlbauten in der Schweiz (Ende 3. bis Beginn 1. Jahrtausend v. Chr.) belegen, dass bereits damals dieses nahrhafte Getreide Verwendung fand. Laut Plinius (23-79) sollen auch die Germanen den Hafer geschätzt haben. Bis ins Mittelalter galt er als Nahrung der armen Leute. Die Griechen und Römer nutzten ihn hauptsächlich als Viehfutter und zu medizinischen Zwecken. Im Mittelalter braute man Bier aus Hafer.
Verschiedene Brauchtümer sind um den Hafer herum entstanden. Englische Bauern zum Beispiel legten Haferbüschel zur Weihnachtszeit aus, um ihre Tiere für das folgende Jahr vor Krankheit zu schützen. Fiel Tau auf den Hafer, war der Schutz besonders wirksam. Mancherorts bewarfen die Burschen junge Mädchen am Stefanstag (26. Dezember) mit Haferkörnern. Dieser als Steffeln bezeichnete Brauch galt als Fruchtbarkeitszauber. Je mehr Haferkörner in den Kleidern des Mädchens hängen blieben, umso mehr Kinder würde sie später einmal gebären. Aus dem gleichen Grund bewarf man Brautleute mit Hafer. Auf dem Brauttisch stand zudem eine Schale Wasser, in die man Haferkörner warf. Gingen sie unter, galt dies als schlechtes Omen für die Ehe.
Hafer gehört zu den hochwertigsten Getreidesorten in Mitteleuropa. Er enthält das neben dem hohen Proteingehalt von 12 Prozent viele Vitamine (vor allem B-Vitamine) und Mineralstoffe. Das Mehl lässt sich jedoch nicht verbacken, da es einen zu geringen Kleberanteil enthält. Vielseitig verbreitet sind dafür Haferflocken, Hafergrütze und Hafermilch. Die überwiegende Menge des produzierten Hafers wird heute allerdings an Pferde, Rinder und Hühner verfüttert.
Die Pflanze anders betrachtet
Hafer liebt sowohl das Luftige als auch das Wässrige. Unter den einheimischen Getreidearten benötigt er am meisten Wasser für ein gutes Wachstum. Seine Blütenstände sind dagegen am luftigsten gebildet. Seine Eigenart, diese beiden Elemente miteinander zu verbinden, drückt sich im Saponingehalt aus. Diese Verbindungen bilden beim Schütteln in Wasser einen seifenartigen Schaum. Sie verbinden sozusagen Luft mit Wasser. Ist im menschlichen Organismus das rhythmische Verbinden und Lösen des Seelischen mit dem Leiblichen gestört, können Schlafstörungen die Folge sein. Hafer greift hier regulierend ein.