Senf (Brassica nigra L.)
Synonyme:
Brauner Senf, Französischer Senf, Gartensenf, Grüner Senf, Holländischer Senf, Mostersad, Mostrich, Roter Senf.Wissenschaftlicher Name:
Brassica nigra L.Familie:
Brassicaceae (Kreuzblütengewächse)Heimat:
Es gibt zwei verschiedene Rassen des Schwarzen Senfs. Die eine ist in Südeuropa und Nordafrika verbreitet, die andere in Vorder- und Westasien.Inhaltsstoffe:
Sinigrin, fettes Öl, Eiweiß, Schleim.
Beschreibung
Senf kennen wir in Tuben und im Glas oder als kleine runde Samen, die im Gurkenglas herumschwimmen. Doch wie sieht die zur Saat gehörende Pflanze aus? Schwarzer Senf, aus dem in der Regel der Speisesenf hergestellt wird, ist eine einjährige Kulturpflanze, die je nach Sorte bis zu zwei Meter hoch wächst und oft verwildert auf Brachflächen anzutreffen ist. Auf den dünnen Stängeln balancieren von Juni bis Oktober locker gruppiert schweflig gelb leuchtende Blüten mit je vier, kreuzförmig angeordneten Blütenblättern. Aus den Blüten entwickeln sich längliche Schoten, die je vier bis zehn dunkelbraune Senfsamen beherbergen. Die gestielten Blätter sind im unteren Stängelbereich gefiedert, im oberen länglich und ungeteilt und sehen denen der verwandten Rauke (Rucola) sehr ähnlich.
Verwendung
Sobald man Senfkörner zerkleinert, wird das im Senf enthaltene Enzym Myrosinase aktiv. Es spaltet die ebenfalls im Senf vorliegende Zuckerverbindung (Glukosid) Sinigrin in das flüchtige, hautreizende Allylsenföl sowie in Traubenzucker und Kaliumbisulfat.
Gemahlene Senfkörner oder Senfmehl, das bei der Gewinnung von fettem Senföl als Pressrückstand abfällt, sind aufgrund des Allylsenföls altbewährte Hautreizmittel, die die Hautdurchblutung erhöhen und zum Beispiel bei chronischem Husten sowie chronischen rheumatischen Schmerzen Einsatz finden. Mit beiden können Pflegekräfte wässrige Breie anrühren und als Wickel auf die zu behandelnde Hautpartie auftragen. Mit Senfmehl lassen sich zudem warme Fußbäder zubereiten, die sehr gut durchwärmen und bei Erkältungen sowie Kopfschmerzen den Kopf frei machen.
Bei äußeren Anwendungen darf der Senf wegen der ausgeprägten Reizwirkung nur so lange Kontakt mit der Haut haben, bis diese brennt. Deshalb müssen Pflegekräfte sie durchführen oder zumindest die genaue Handhabung zeigen!
Nach der Anwendung sollte die Haut gründlich mit kühlem Wasser gereinigt und anschließend mit einem Pflegeöl eingerieben werden.
Innerlich unterstützen Senfsamen beziehungsweise Speisesenf sehr effektiv verschiedene Magen- und Darmbeschwerden. Sie regen den Appetit an, machen fette Speisen bekömmlicher und fördern die Stuhlentleerung.
Wissenswertes
Der aus dem Lateinischen stammende wissenschaftliche Name „Brassica“ = Kohl leitet sich möglicherweise von „praesecare“ = „vorwegschneiden“ ab. Früher schnitt man die Senfblätter vor der Samenreife ab, um sie an das Vieh zu verfüttern. Der Namenszusatz „nigra“ = „schwarz“ bezeichnet die Farbe des Senfsamens. Die deutsche Bezeichnung „Senf“ leitet sich vom botanischen Namen für den Weißen Senf – Sinapis – ab.
Als die Menschen im Neolithikum, der Jungsteinzeit, begannen, sich von einer Jäger- und Sammlerkultur zu einer sesshaften Bauernkultur zu entwickeln, war Senf lediglich ein Ackerunkraut in den Leinfeldern. Die Germanen und Kelten entdeckten, dass Senfkraut essbar ist. Noch heute sind die appetitanregenden jungen Blätter und Blüten eine gesunde Ergänzung für den Salat, die reich an Proteinen, Provitamin A, Vitamin B und C sowie Mineralsalzen ist. Die Römer fanden heraus, wie sich aus den Samen eine Gewürzpaste herstellen lässt. Sie schätzten Mostrich zur Zubereitung ihrer Speisen und würzten ihren Wein mit Senfkörnern. Bereits in der Antike war Senf zudem als Heilpflanze bekannt. Der griechische Arzt Dioskurides (1. Jahrhundert) empfahl den Weißen Senf unter anderem bei inneren Reizungen.
Senf ist auch in fernen Kulturen eine wichtige Pflanze. Die Japaner kennen Senfblättchen als Tempura, in Bierteig frittiert mit Sojasoße. Die indische Küche erwähnt Senf als Gewürz und Gemüse bereits 500 v. Chr. in der Acaranga Sutra, dem ersten Anga Agama (kanonischer Text) der indischen Religionsgemeinschaft der Jains. Neben Ghee (Butterschmalz) verwenden Inder das aus den Senfkörnern gepresste Öl zum Kochen und Frittieren. Mit Hennablättern gekocht ergibt Senföl ein bei den Inderinnen beliebtes Haaröl zur Kopfhautmassage, das den Haarwuchs verbessern soll.
Unser Speisesenf wird in der Regel aus Schwarzem Senf hergestellt. Als erster Verarbeitungsschritt werden die Senfkörner fermentiert, damit das wirksame Allylsenföl entsteht. Danach folgen die verschiedensten Weiterverarbeitungen, mit regional oft sehr unterschiedlichen Würzungen – von süß über scharf bis feurig, mit Kräutern, Feigen oder einfach pur. Oft findet man im Handel gelbliche Senfkörner. Sie stammen vom milderen Weißen Senf (Sinapis alba), dienen ebenfall der Senfherstellung, sind medizinisch aber nicht von Bedeutung, da sie lediglich eine leicht abführende Wirkung besitzen.
Neben der kulinarischen und medizinischen Bedeutung hatte der Senf immer auch eine Rolle als Schutzpflanze. Westeuropäische Kulturen sahen in den gelben Blüten lichthafte Sonnenträger. Senf sollte den Geist beleben und Trübsal vertreiben. Wollte eine Frau das Regiment im Haus führen, nahm sie zu ihrer Hochzeitsmesse heimlich Senf und Dill mit, um während der Messe folgenden Spruch zu murmeln: „Ich habe Senf und Dill, Mann, wenn ich rede, schweig du still!“ Im indischen Volksglauben gilt Senf als dämonenvertreibendes Mittel, das in der Räuchermischung für Neugeborene und im ersten Bad der Frau nach der Geburt enthalten ist. Beim Totenfest und bei der Ahnenspeisung reiben sich die Familienangehörigen die Handflächen und Fußsohlen mit Senföl ein.
Vielseitig Verwendung findet der Senf auch in Sprichwörtern: Seinen Senf dazu gibt, wer sich ungefragt einmischt. Wer den Senf überzuckert, verschönt unangenehme Wahrheiten. Überschreitet der Humor eine gewisse Grenze, steigt einem der Senf in die Nase.
Die Pflanze anders betrachtet
Der Senf ist als typischer Vertreter der Kreuzblütler eine Pflanze, die mit großer Vitalität brachliegende, unbelebte Flächen neu besiedelt. Ihre Vitalität findet zudem Ausdruck im schwefligen Alyllsenföl, der hautreizenden Wirkkomponente des Senfes, die erst beim Aufbrechen der Senfsamen durch Abspaltung entsteht. So dynamisch wie der Senf Brachen wieder belebt, so aktiv wirkt er auch auf die Haut und Bewegungsorgane, indem er Stoffwechselprozesse und die Durchblutung anregt.